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Auszüge des Buches des Ursprungs und des Buches der Gleichnisse.
Ausgewählt und zusammengestellt von Bruder Mauritius Adolesco im Jahre 485 Trawoniens.
Abschriften aus den Quellen der Bibliothek zu Prahtanperk.
Interpretatio getan durch eben selbigen.
Verse
mitsamt Interpretatio.
Gleichnisse entnommen den Büchern I und III.
U-I
Aus Dunkelheit wurde diese Welt geschaffen und in Dunkelheit wuchs sie heran. Ihre Kinder wandelten in Finsternis.
Denn dem Ursprunge nach ist diese Welt das Werk Bargaahns, des Dunklen. Er schuf aus Finsternis für Finsternis, der Schöpfung Irrung zu geben. So ist auch in jedem Wesen der Kern der Finsternis gepflanzt und das Licht muß noch erkannt werden.
U-II
Sie irrten umher zwischen Abgründen und erkannten ihre Wege nicht.
Gemeinet sind hier wohl die Abgründe der Blindheit der Seele. Denn sie stießen einander zu Tode (Vers U-III), was meinet, daß sie einander Schaden zufügten in allen Dingen. Auch im Vorgriffe auf U-III zeigt sich: So sie die Wege nicht sehen, sind es wohl die Wege des Lebens miteinander. So die Dunkelheit sie aber umgab, waren sie stets gegeneinander und allein. Denn dies ist das Innerste der Blindheit: Die Einsamkeit. Aus überzeugter Einsamkeit aber folgt auch die Ignoranz des anderen und die Verteidigung des eigenen. Dies aber ist das Leid.
U-III
In Unwissenheit stießen sie einander in die Schlunde der Erde und wurden Fraß der Tiefe, denn die Dunkelheit verbarg sie voreinander.
So waren -wie zuvor gezeiget- sie allein. Diese Einsamkeit ist sowohl die Einsamkeit im Geiste, als auch die im körperlichen Sinne. Wer um sein eigenes Wohlergehen banget, kann sich nicht auch um das eines anderen sorgen. Wer sich allein glaubt, und nichts außer dem Selbst erkennen kann, dem ist ein anderes Selbst nichts wert und deshalb auch nicht achtenswert. So war es die Dunkelheit, die sie in der Lüge ließ, allein zu sein und allein bangen zu müssen, auf daß sie nur sich selbst nahe standen.
U-IV
So schuf ich das Licht und ließ es strahlen über ihnen. Ich schenkte es den Kindern dieser Welt auf daß es ihre Wege erleuchte.
U-V
Da erkannten sie ihr Angesicht und erkannten auch einander.
Sie schauten die Abgründe, die sie umgaben und ihre zerschlagenen Brüder und Schwestern, die die Dunkelheit in die Tiefe gelenkt hatte. So bricht das Erkennen eines anderen die Einsamkeit. Wer das Antlitz eines anderen schaut, ist mit ihm verbunden und nicht mehr allein. So zeigt das Licht aber auch die Erkenntnis, durch den Glauben allein zu sein, großen Schaden bereitet zu haben, da das Unbekannte, andere Selbst nicht geachtet wurde.
U-VI
Laut war da ihr Wehklagen und sie weinten um die, die sie nie gekannt und dennoch schon verloren hatten in der Finsternis.
Dieses Klagen nun war gerufen durch die Erkenntnis. Sie schauten die von ihnen zu Sturz gebrachten und erkannten ihren Fehler. Denn die Gestürzten waren verloren durch ihre Taten. So sind die Bilder der Abgründe und Gestürzten wohl nicht nur im Wortlaute zu nehmen sondern -womit auch schon zuvor begonnen- als Bild des Selbst, das andere nicht annimmt und sie dadurch zu Schaden bringt in allen Dingen des Lebens.
U-VII
Weinet nicht ! sprach ich. Denn euch trifft keine Schuld. Die Dunkelheit war es, die euch einander in die Tiefe stürzen ließ. Trauert nicht um jene, die ihr verloren habt, sondern ehret sie und laßt sie euch Lehre sein.
U-VIII
Suchet einander.
Haltet einander.
Steht einander bei.
Niemals wieder kann euch dann etwas in die Tiefe reißen.
U-IX
So nehmet dies als mein Versprechen: Ich nehme euch an Vaters statt an und werde euch geleiten auf euren Wegen. Ich schenke euch das Licht, auf daß niemals wieder Finsternis über euch komme. Denn ich bin Bahamuth, Antlitz des Lichtes. Durch diesen Namen bin ich von nun an mit euch verbunden.
U-X
Bei diesen Worten warf sich Bargaahn auf mich und riß mich hinfort. Doch mein Versprechen war vollendet und niemals wird dieses Versprechen gebrochen sein.
U-XI
Bargaahn aber war voller Zorn. Hatte doch das Licht gezeigt, wie unvollkommen seine Schöpfung war, da sie an sich selbst zu Grunde ging.
Denn die Unvollkommenheit der Schöpfung bestand in der Einsamkeit der Dunkelheit und in der Unkenntnis. Aus dem aus dem Glauben an die Einsamkeit genährten Glauben an nur das eigene Selbst krankte die Schöpfung.
U-XII
So suchte Bargaahn das Licht zu erlöschen und schlug es entzwei.
U-XIII
Doch mein Versprechen war vollendet. Selbst in den Zeiten der tiefsten Nacht stehen die Funken meines Lichtes über meinen Kindern und leuchten ihnen. Finsternis ist nicht mehr.
Denn es leuchten Sonne und Mond und Sterne auf unsere Pfade und Erkenntnis wurde uns zuteil. So wir einander suchen, halten und beistehen, wird uns die Gnade Bahamuths zu Teil, da wir in seinem Namen verbunden und dadurch gestärkt nicht mehr fehlen können.
U-XIV
Bargaahn aber ließ nicht ab von mir und unter unserem Kampf drohte die Welt zu zerbrechen.
Denn Bargaahn hatte seine Schöpfung nicht angenommen. Sie war ihm lieb in Dunkelheit. Im Licht jedoch, da auch er die Fehler seines Werkes betrachten mußte, war sie ihm nichts mehr wert.
U-XV
So umschlang ich meinen Bruder und warf mich mit ihm in die Unendlichkeit fern ab von dieser Welt. Dies tat ich als Dienst an meinen Kindern, die ich angenommen hatte, deren Welt ich erleuchtete und deren Welt ich nun bewahren wollte.
So streiten die Götterbrüder seit der Erkenntnis und an uns ist es, das Geschenk Bahamuths zu pflegen und zu hüten, auf daß die Welt nicht mehr in Finsternis verfalle und seinem Opfer würdig bleibe.
G I-X
Ich stand einst in einer Halle, in deren Mitte zwei Sträucher sprossen. Der eine war ein dorniger Rosenstrauch mit prächtigen Blüten, der andere ein kümmerliches Gewächs mit braunen Knospen. "Eine Blüte wird dir die Pforte öffnen !" hörte ich eine Stimme rufen und es war die Stimme Bahamuths. Da nahm ich eine der prächtigen Rosen und schritt mit ihr zu dem Tor, das die Halle verschloß. Doch mit jedem Schritt, den ich tat, verlor die Blute an Kraft. Da glaubte ich zu erkennen und lief zurück. Ich warf die vertrocknete Rose hinfort und nahm eine der braunen Knospen. Ich schritt erneut zum Tor, doch die Knospe brachte keine Blüten hervor. Da hörte ich zum zweiten Male die Stimme Bahamuths. "Wie glaubst Du zu wissen, welcher Strauch der richtige ist ? Denn sieh, beide sind sie unvollkommen. Es gibt nichts, das allein für sich vollkommen ist."
Da brach ich von beiden Sträuchern einen Zweig und wandte mich zum dritten Male dem Tor zu. Und als die Rose auf dem Wege dorthin verblühte, brach die Knospe auf und die Flügel des Tores schwangen zurück.
G I-L
Suchet einander. Haltet einander. Steht einander bei.
Einst waren zwei Geschwister. Der Bruder ward blind von Geburte an, die Schwester dagegen lahm. Als die Ernte ausblieb und der Hunger kam, wurden die Kinder den Eltern eine zu schwere Last. Sie führten die Kinder in die Berge und überließen sie der Einsamkeit. So die Kinder bemerkten, daß sie allein gelassen waren, überkam sie große Furcht. Wußte doch der Bruder, daß er tief stürzen würde, sollte er einen falschen Schritt wagen. Wußte doch auch die Schwester, daß sie nicht vom Flecke kam, da sie nicht zu laufen vermochte. Aus dieser Furcht heraus riefen sie einander. Da sie sich aber hörten, wagten sich beide sacht voran. Der eine tastend, die andere kriechend, bis sie sich schließlich fanden. Da nahm der Bruder die Schwester auf den Rücken und schenkte ihr so die Kraft seiner Beine. Sie aber hob ihr Haupt und schaute nach dem Wege. So schenkte sie ihm die Gabe ihrer Augen. Auf diese Art vereint begannen sie ihren Weg und überwanden das Gebirge.
Suchet also einander, denn wir alle sind unvollkommen und ausgesetzt. Doch stets wird sich in einem anderen die Gabe finden, die uns selbst nicht geschenkt ward.
GI-LI
Über die Selbstschätzung.
Einst war ein Reisender vom Wege abgekommen. Da traf ein Bote auf ihn und rief : "Was steht Ihr hier allein ? " "Ich warte auf einen Freund !" versetzte der Reisende und ließ den Boten weiter reiten, denn er glaubte den Weg schon erinnern zu Können. Nach einer Weile kam ein Bauer vorüber und rief: "Hat der hohe Herr sich wohl verlaufen ?" "Nein, ich warte auf den lahmen Troß !" versetzte der Reisende, denn einem Bauern wollte er keine Blöße zeigen. Schließlich kam ein Räuber des Wegs und erschlug den Reisenden.
So erreichte dieser nie sein Ziel.
GIII-LII
Durch ein zerbrochenes Glas kann man nicht schauen. Doch schneidet es schärfer als jede Klinge. Sieh also über dem Unvollkommenen stets die versteckte Vollkommenheit.
GIII-LIII
Licht bringt Erkenntnis. Erkenntnis zeigt Stärke und Schwäche.
Ist Schwäche aber erkannt, ist sie nicht mehr, was sie war.
Erkenne deine Schwäche und erreiche dadurch deine Kraft.
Denn Schwäche ist nur solche, die nicht erkannt wird.