Das Nadelöhr
zwischen Zukunft und Vergangenheit

Und so soll es sein: Ein Buch über den Glauben und das Wissen, das in uns ist. Doch manchmal ist es nur in den Dingen versteckt, die uns umgeben und muß nur aus ihnen befreit werden. Doch was ist Wissen und was ist Wahrheit? Was ist der Glaube? Und wer vermag es sich anzumaßen sichere Auskunft darüber zu geben? Feuer und Wasser sollen sich gegenüber stehen und sollen nicht unterschiedlicher sein. Ein Faktum, eine Wahrheit. Ha! Lug und Betrug gehen eine stupide Hochzeit mit einer haltlosen Behauptung ein. Doch in Wahrheit ist der Glaube der Vater dieses Wissens und die Mutter eine Einbildung unseres Geistes. Aber auch: Mutter und Vater sind beide der lebende Beweis das es mehr geben muß als die Summe der einzelnen Bestandteile. Nur aus diesem Wissen heraus kann sich mehr ergeben.

Mein Name lautet Gregor von Zwingenburg und die Schöpfung und das Sein gaben mir beide einen Platz auf dem Fluß der Zeit. Dies ist eine Welt, die aus Chaos entstand, eine Welt der immerwährenden Schöpfung. Aus dieser Göttin Schoß entstieg die Menschheit. Nandur war der Erste der Menschheit, der erkannte, daß er frei wählen kann zwischen Licht und Finsternis. Dies war der Anfang, das Erwachen und zugleich das Ende der Alten Welt. Und die Geburt eines neuen Seins, daß mit Bahamuts Licht überstrahlt wird.

Aber Geschriebenes ist Vergangenheit und nur die Gegenwart lebt. Doch manche jener, der diese Schriftrollen voll der Verwesung und des Todes liest, besitzt die Macht dies zu ändern und aus der toten Vergangenheit eine lebendige Zukunft zu gebähren, welche unausweichlich zur Gegenwart des Seins wird. Wer verharrt im Geiste wird zu einem Manifest der Ordnung, in der alles gefangen ist in einer Kugel aus gefrorener Zeit. Diesem ewigen Stillstand der Ordnung steht die alles verzehrenden Flamme des Chaos gegenüber, die dazu verdammt zu ist, auf immer unberührbar zu sein. Gefangen im ewigen Zwang der immerwährenden Neuschöpfung der Dinge, unfähig stehenzubleiben und Dinge für gut zu befinden.

Doch die Menschheit selbst schuf sich einen dritten Weg. Der dritte Weg soll das Fundament Libras sein, der Stadt des Wissens. Die Quelle, die sich ergießt in den Strom der Schöpfung um die Unendlichkeit auf den Sockel aller Dinge zu stellen. Anfang und Ende sollen sich vereinen können um das Immerdar zu gebähren.

I Kapitel

Laßt mich das geheiligte Wort des Anfangs benutzen, um den menschlichen Geist langsam über den filigranen und schmalen Steg der Intelligenz zu führen. Jener Steg, der uns vor den Tiefen unseres unbewußten tierischem Selbst und Daseins bewahrt. Das Denken, ruhend auf unserer Intelligenz, soll es uns ermöglichen – wenn auch bei manch trauriger Seele langsam - das Erkennen des Seins zu erfassen.

Seit diesem Anbegin, welcher nie existierte, da nur das Ende Ihn begründen kann, denkt der Mensch nach über den Anfang und das Ende unseres Seins, welcher als der Tod bekannt ist. Beide beschreiben den Weg unserer Existenz . Aber nur der Vergängliche denkt nach über das Ende und den Anfang. Der Mensch ist der sterblich und so ist es sein Fluch, den schmalen Grat seines Seins zu spalten. So muß dieser Fluch einfließen in das unendliche Gespinnst des unbeschreiblichen Seins.

Doch um dies zu erkennen, muß man einen Anfang erschaffen und dem scheinbar so Unbegreiflichen einen Namen geben. Ist dies geschehen, so beginnt sich ein Wort in den finsteren Kavernen unseres Geistes zu bilden und damit verblaßt die Lüge des Anfangs und dehnt sich aus zu einem Horizont, der dem Wort Unendlichkeit ein Gesicht verleiht. Dem Mutigen und Unbekümmerten trennen dann nur wenige Schritte vor dem Abgrund des Wissens, auf dessen Grund er die Unwissenheit des langsam erkennenden sieht. Ér muß notgedrungenen seine eigene Dummheit sehen und auf den Boden seines begrenzten Geistes aufschlagen. Der Unendlichkeit muß ein Weg gebahnt werden, auf das in dieser Wüste der Unwissenheit die Tränen der Erkenntnis dem Kargen Boden selbst eine Blüte des Wissens abringen können. Der erste Schritt ist getan und der Geist umfasst das vielbenutzte, aber nie auch nur im geringsten erkannte Wort Unendlichkeit mit der Sorge und Zärtlichkeit einer liebenden Mutter. Die Macht Bahamuths und Bargaahn ist unendlich, so sagt man. Unendlich? Aber was geschieht, wenn diese Götter in Vergessenheit geraten und niemand mehr sich müht um ihre Wiederkehr? So laßt mich einen unverzeilichen Frevel begehen und fragen, wer denn nun mächtiger sei. Die unendliche Macht der Götter oder die absolute Unwiederruflichkeit des endgültigen Verlustes durch das Vergessen? Denn die Frage sei auch, ob Bargaahn und Bahamuth Götter sind oder nur Kinder, die mit Mächten zu spielen vermögen, deren Bedeutung sie nicht bewußt sind. Und wer weiß vielleicht sind sie nur ein Spiegel unserer Selbst oder aber wir sind Abbilder ihres Antlitz.. Schenkt uns ihre Aura der Unendlichkeit den Atem unseres kleinen und vergänglichen Lebens oder schenkt der Glaube an Sie erst ihr unendliches Leben?

So wisse, daß die Antwort du in dir selbst erkennen mußt. Gelingt es dir nicht, so laß ab von deiner Verzweiflung, denn du bist der Beweis meiner Erkenntnis. Verschmilzt das Wissen und der Glaube in dir zu einer Antwort, so sei willkommen in den Gefilden des Wahnsinns.





II Kapitel: Die Entstehung der Stadt Libra

Wir schreiben den 15. Mai im Jahre 27 n. d. A.. Es ist entschieden! Nach langen Ringen, Zweifeln und vieler Verzögerungen erhält der Rat den Segen Lyriel´s. Binnen der nächsten Tage wird mit der Grundsteinlegung der Zitadelle in der Ebene des Lauerers begonnen. Dieser Tag wird in die Geschichte eingehen! Die Zitadelle wird die Unendliche Macht Yol´s offenbaren und Libra´s Schönheit wird die Ebenen überstrahlen.

19. August im Jahre 27 n.d.A.. 2 Monate sind vergangen, die Zeit selber wird von den zahlreichen Vorbereitungen gefressen. Auch wenn niemand glaubte, daß es möglich sei in diesem sumpfigen Gebiet etwas zu erbauen, daß schwerer sei als eine Sumpfratte, werde ich das Gegenteil beweisen. Yol läßt mich an diesem Ort der Mahnung meine elementaren Kräfte wirken. Ein zweitausend mal zweitausend Schritt großer Kreis gibt uns genügend Platz um mit der Errichtung der Wahlfahrtsstätte zu beginnen.

23. Dezember im Jahre d. A. Das letzte halbe Jahr zwingt mich zu einigen unbequemen Einsichten, denn die Arbeiten gestalten sich schwieriger als Anfangs geplant oder gar angedacht. Eine der größten Schwierigkeiten stellen die Schrecken da, welche noch am Leben weilen. Man gräbt nur einen Fuß tief unter die trügerischen ruhige Oberfläche des Sumpfes und wird oft mit namenloses Grauen konfrontiert, daß weit jenseits meines Verständnisses für Yol´s Schöpfung geht. Manch einer der Arbeiter ließ sein Leben, doch der Mut der übrigen ist ungebrochen und die Opfer sollen nicht vergebens sein. Libra wird Ihnen ein Denkmal auf ewig setzen.

Der 22. Mai im Jahre 28 n.d.A.. Die Schwierigkeiten, die sich uns entgegenstellen, liegen nicht nur im Sumpf verborgen. Verblendete Menschen, die es wagen, sich selbst als Diener Bargaahns zu bezeichnen, versuchten mich und meinen getreuen Stab von Baumeistern unter einer unvollendeten Mauer zu begraben. Auf diesen Angriff war niemand vorbereitet und die Saboteure wußten diese Tatsache nur zu gut zu Nutzen. Dem Tode schon ins Angesicht blickend hat ein junger Adeliger namens Fastasa De´Lyrium uns vor diesem unrühmlichen Ende bewahrt. Einem Schatten gleich fuhr er zwischen die Verschwörer und tötete sie mit der spielerischen Leichtigkeit einer Gottesanbeterin.

3. Juni im Jahre 28 n.d.A.Es ist wahr! Die Staubwolken und der Rauch am Horizont zeugen von dem Aufeinandertreffen der beiden Heere. Anfangs für eine Gerücht gehalten, erhebt sich nun der grausame Kopf der Wahrheit über die Berge des Selbstbetruges. Nur zwei Tagesmärsche nordöstlich von uns begegneten sich das Heer Ridans von Lichtenmeer und das des Omnimagus Aslandur aus dem Dunklen Reich. Wehe Ihnen, sollte es zu einem Kampfe kommen, denn die Gesetze Yol´s sind unbarmherzig!

10 Juni im Jahre 28 n.d.A. Von den Boten und Spähern, die wir ausschickten um Nachrichten zu erhalten und eine Warnung zu senden kam nur einer zurück. Dieser berichtete, daß er zu spät gekommen sei und erzählte uns von dem unheilvollen Geschehnissen, die sich zugetragen hatten. Die Arbeiter der entstehenden Stadt nennen es - flüsternd nur - das Gesetz des Lauerers und dieses schlug ohne Gnade auf Recht und Unrecht, Ansehen und Stand zu! Ein Großteil beider Armeen wurde vom Sumpf ins ewig feuchte Heim des Diener Yols gesogen. Wenn auch von stiller Trauer erfüllt, sehe ich in diesem Schicksalsschlag für die Menschheit eine Botschaft für sie. Dieses Unglück soll eine Warnung für einen Jeden sein, der es wagt die Gesetze Yols anzuzweifeln.

07. August im Jahre 29 n.d.A. Weit über ein Jahr ist in das Land gegangen und Glück und Schicksalschläge halten sich die Waage – Yolgefällig würde ich fast sagen. Der junge Mann, der uns damals vor den Saboteuren rettete - De´Lyrium sei sein Name - erweist sich als hervorragender Architekt. Was für ein Glück ! Man stelle sich vor, daß unser ehrenwerter Anselmo di Banderas – Baumeister und Architekt seines Zeichens - in einen noch nicht fertig ausgeschachteten Brunnen gefallen ist und sich das Genick gebrochen hat. Bei den Trauerzeremonien sprach mich De´Lyrium an und sprach von seinen bescheidenen Fähigkeiten als Architekt und daß er diese gern in unseren Dienst stellen würde. Von bescheidenen Fähigkeiten kann nicht die Rede sein. In ihm brennt das Feuer der Genialität und man kann den Vergleich wagen, daß dieser junge Adelige mit dem geheimnisvollen Namen die Kunst der Konstruktion ebenso meisterhaft beherrscht wie seine Klinge. So bin ich letztendlich doch noch guter Dinge, daß wir den von Lyriel vorgegebenen Zeitpunkt einhalten können, um den Wohnort unserer Gäste fertigzustellen, auf daß sie sich dort für lange Zeit wohlfühlen.

4.März im Jahre 30 n.d.A. Was für eine Schande! Nachdem es zu einigen Unregelmäßigkeiten kam – ich denke nur an die geheimnisvolle Vergiftung unseres gemeinschaftlichen Mahles, wurde erhöhte Vorsicht den Dingen geboten. Bartol, der Steinmetz wurde als Saboteur des Dunklen Reiches enttarnt. Können Menschen wirklich so verblendet sein, daß sie die Gnade Yol´s nicht zu erkennen vermögen? Oder scheint es die Rasse der Menschen nicht verdient zu haben über sich selbst zu bestimmen ?

12.Oktober im Jahre 31 n.d.A. Die Hauptgebäude wurden schneller fertiggestellt als geplant. De´lyrium ist ein Geschenk Yol´s. Unermüdlich arbeitet er - weder Tag noch Nacht beachtend - an den verschiedenen Ebenen dieser Stadt, fast als wäre es sein Untergang, würde er sich nur wenige Augenblicke ausruhen. Hätte er einen Funken magisches Talent in sich, so wäre er der einzige Schüler, zu dessen Ausbildung ich mich noch bereit erklären würde.

7.September im Jahre 34 n.d.A. Die Besucher sind gekommen und alle wurden zu ihrer Zufriedenheit untergebracht. Voll des Lobes über die Schönheit der Stadt pflegen wir einen regen Austausch und harren der Dinge, die auf uns zukommen.



17.September im Jahre 34 n.d.A. Nach all der langen Zeit ist es vollbracht! Alle Linien stehen. Nun wird es Zeit, daß wir dieser Stadt Leben einhauchen. De´lyrium´s Idee Schreine zu Ehren der einzelnen Elemente zu errichten, ist hervorragend. Ohne die unermüdliche Energie dieses treuen Helfers wäre es uns nie gelungen diese Kultstätte rechtzeitig zu errichten
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