[[Homepage]] [[Bibliothek]] [[SchriftenKanon]] [[BuchGleichnisse]] ===Liber Tertium===::c:: [[BuchGleichnisse | Buch der Gleichnisse]] [[BuchGleichnisse1 |Liber Primum]] [[BuchGleichnisse2 |Liber Secundum]] ==**Liber Tertium**== I ~Einst schlief ich einen tiefen Schlaf, ~doch öffneten sich die Tore der Goldenen Stadt, ~vor meinen Augen traten die Getreuen des Lichtes hervor. II ~?Merk auf?, sprachen sie, vom Lichte umhüllt? ~und gib getreulich Zeugnis über unsre Worte, ~nur einmal werden sie Dir offenbart werden? III ~So öffnete ich meinen Geist für die Worte, ~die ihrem strahlenumkränzten Mündern entsprangen, ~Und barg sie tief in meinem Herzen. IV ~So begann der Erste zu sprechen, ~und nachdem er geendet hatte, ~nahm ein andrer seinen Platz ein V ~So sind hier ihre Worte getreulich verzeichnet, ~auf das sie ein Jeder merke, ~Und sich zum Beispiel nehme: VI ~Suchet einander ~Haltet einander ~Steht einander bei ~Niemals wieder kann euch dann etwas in die Tiefe reißen. VII ~Kannst du kein Stern am Himmel sein, ~so sei eine Lampe im Haus. VIII ~Wer heut' noch hoffen macht, der lügt! ~Doch wer die Hoffnung tötet, ist ein Schweinehund. IX ~Wer die Geheimnisse des Bettes verrät, ~verdient die Liebe nicht. X ~Die größten Menschen sind jene, die anderen Hoffnung geben können. XI ~Es ist leichter, alle zu lieben als einen. ~Die Liebe zur ganzen Menschheit kostet gewöhnlich nichts als eine Phrase; ~die Liebe zum Nächsten fordert Opfer. XII ~Mensch: das Lebewesen, ~das die Zeit totschlägt, ~bis sie sich revanchiert. XIII ~Es ist besser, Deiche zu bauen, ~als darauf zu hoffen, ~dass die Flut allmählich Vernunft annimmt. XIV ~Nie vom andern Dank erwarten, ~aber immer selbst dankbar sein können, ~das ist das Privileg einer recht gebauten Seele. XV ~Liebe ist der Wunsch, ~etwas zu geben, ~nicht zu erhalten. XVI ~Enthaltsamkeit ist das Vergnügen an Sachen, ~welche wir nicht kriegen. XVII ~Hoffnung ist wie ein Pfad. ~Am Anfang existiert er noch nicht, ~er entsteht erst, ~wenn viele Menschen den gleichen Weg gehen. XVIII ~Bitte um Bahamuths Segen für Deine Arbeit, ~erwarte aber nicht, ~dass er sie auch noch tut. XIX ~Es gibt einige Freundschaften, ~die im Himmel beschlossen sind ~und auf Erden vollzogen werden. XX ~Der Zorn ist der Weg zum Hass, ~an der Tafel des Triumphes ~darf er keinen Platz finden. XXI ~Lass die Toten schlafen, ~und mach die Lebendigen glücklich. XXII ~Begegnet uns jemand, der uns Dank schuldig ist, ~gleich fällt es uns ein. ~Wie oft können wir jemand begegnen, ~dem wir Dank schuldig sind, ohne daran zu denken. XXIII ~Lass dich gut beraten, ~bevor du beginnst; ~doch wenn du dich entschieden hast, ~handle sofort! XXIV ~Wer sich zu wichtig für kleine Arbeiten hält, ~ist oft zu klein für wichtige Arbeiten. XXV ~Macht besitzen und nicht ausüben ist wahre Größe. XXVI ~Wenn man sich von den Bergen entfernt, ~so erblickt man sie erst recht in ihrer wahren Gestalt; ~so ist es auch mit Freunden. XXVII ~Nicht das Genie ist 100 Jahre seiner Zeit voraus, ~sondern der Durchschnittsmensch ist um 100 Jahre hinter ihr zurück. XXVIII ~Weibliche Nacktheit muss man den Männern mit dem Teelöffel geben, ~nicht mit der Schöpffkelle. XXVIV ~Wenn du eine Stunde lang glücklich sein willst, schlafe. ~Wenn du einen Tag glücklich sein willst, geh fischen. ~Wenn du ein Jahr lang glücklich sein willst, habe ein Vermögen. ~Wenn du ein Leben lang glücklich sein willst, liebe deine Arbeit. XXX ~Erfahrung vermehrt unsere Weisheit, ~verringert aber nicht unsere Torheiten. XXXI ~Wenn man genug Erfahrung gesammelt hat, ~ist man zu alt, ~um sie auszunutzen. XXXII ~Wer sich selbst anspornt, ~kommt weiter als der, ~welcher das beste Ross anspornt. XXXIII ~Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, ~der täglich sie erobern muß. XXXIV ~Die Erfahrung ist wie eine Laterne im Rücken; ~sie beleuchtet stets nur das Stück Weg, ~das wir bereits hinter uns haben. XXXV ~Die Kraft eines Riesen zu besitzen ist wunderbar. ~Sie wie ein Riese zu gebrauchen ist Tyrannei. XXXVI ~Wer eine unglückliche Liebe in Alkohol ertränken möchte, ~handelt töricht. ~Denn Alkohol konserviert. XXXVII ~Freude an der Arbeit läßt das Werk trefflich geraten. XXXVIII ~Ein Pessimist ist ein Mensch, ~der sich über schlechte Erfahrungen freut, ~weil sie ihm recht geben! XXXIX ~Nichts ist nachgiebiger als das Wasser, ~Doch der stete Strom der Wogen, ~Trägt langsam aber sicher das Kliff ab ~So wisse, dass Du nicht alles allein erreichen musst. XL ~Der Einarmige kann Schafe hüten, ~der Taube Schwerter schmieden, ~aber wem nutzt der Tote? ~So lasse nie den Hass deine Klinge leiten. XLI ~Ein verlorenes Leben, ~Alles Gold der Berge, ~Alles Salz der Meere, ~vermag es nicht zurückzukaufen. ~So verschwende nie ein Leben leichtfertig. XLII ~Mit dem Menschen verhält es sich wie mit einem Schössling auf dem Felde: ~Umgeben vom Unkraut der Finsternis wird er stets klein bleiben, ~doch jätet man dieses erhebt er sich empor zu ungeahnter Größe. ~So danke stets dem Lichte, Mensch, das dich emporhob zu deiner Größe. XLIII ~Die Finsternis schleicht sich in dein Herz wie der greise Mann, ~mit kleinen Schritten, und scheinbar ohne großen Eifer. ~Doch langsam aber sicher wird er sein Ziel erreichen ~So hüte dich schon vor dem ersten Schritt zur Finsternis. XLIV ~Terwans Korn mit einer Sichel zu ernten scheint unmöglich, ~Doch Schnitt für Schnitt nähert man sich dem Ziel, ~und es wird genug geschnitten sein für alle die Hungern. ~So sei mutig, und fürchte nicht die große Aufgabe. XLV ~Schon der Schein einer Kerze vertreibt das Dunkel, ~und ihr Licht spendet Sicherheit und Wärme ~doch nie wird die Dunkelheit das Licht ersticken können. ~So wisse, dass selbst die größte Finsternis leicht zerstört werden kann XLVI ~Nach oben zum Lichte empor wächst alles schöne, ~Bäume und Tiere und Korn ~Unter Steinen in der Finsternis verbirgt sich grässliches, ~Moder und Asseln und Ungeziefer. ~So hüte dich vor dem, was das Licht scheut, denn es hat Grund dazu. XLVII ~Der Lügner wittert hinter jedem Wort Verrat, und ist bang in seiner Seele ~Der Wahrhaftige sieht Treue in den Andren, Sein Herz geht über vor Freude ~So gräme dich nicht, lebe XLVIII ~Allein kann keiner stark im Lichte sein, ~Und so wurde schon einstmals Nandur dessen Seele in der Einsamkeit bang war eine Gefährtin gesandt, um ihn ruhig zu betten. ~So suche die wahre Liebe, die deine Seele beruhigt. XLIX ~Das Schachspiel wird nicht entschieden, ~durch das schnelle bewegen der Figuren, ~sondern durch das geschickte. ~So sei stets besonnen, und eile nicht ohne Not. L ~Wie der Löwenzahn ist die Finsternis. ~Der leichte Samen wird von jedem Windhauch getragen, ~Die Wurzeln reichen mehr als einen Fuß tief. ~So unterschätze nie eine Gefahr ihrer scheinbaren Größe wegen LI ~Kaum sichtbar ist der Kern des Apfels, ~am Boden wird er in die Erde getreten. ~Doch erwächst aus ihm ein Baum, der viele zu nähren vermag. ~So sieh stets im Kleinen das Große, das es zu erreichen mag LII ~Durch ein zerbrochenes Glas kann man nicht schauen, ~es verzerrt alles ins Grässliche. ~Doch schneidet es schärfer als jede Klinge. ~Sieh also über dem Unvollkommenen stets die versteckte Vollkommenheit LIII ~Licht bringt Erkenntnis. Erkenntnis zeigt Stärke und Schwäche. ~Ist Schwäche aber erkannt, ist sie nicht mehr, was sie war. ~Erkenne deine Schwäche und erreiche dadurch deine Kraft. ~Denn Schwäche ist nur solche, die nicht erkannt wird. LIV ~Vieles Wurde Dir gesagt, ~doch eines ist wichtiger als alles andre, ~dies halte stets in deinem Herzen LV ~Suchet einander ~Haltet einander ~Steht einander bei ~Niemals wieder kann euch dann etwas in die Tiefe reißen. LVI ~Also sprach der Letzte der Lichten, ~und gemeinsam verneigten sie sich vor mir, ~beugten ihr Knie und Sprachen: LVII ~?Würdiger, Ehre sei Dir, ~der Du für wert erachtet wurdest, ~solcherlei zu den Irdischen zu tragen. LVIII ~Große Ehre wurde Dir zuteil, ~die nie zuvor einem Sterblichen ~wir erwiesen haben.? LIX ~So wandten sie sich um, ~und wie ein großer Vorhang ~schlossen sich die Tore der goldenen Stadt. LX ~Ich aber erwachte voller Stolz ~und schrieb ihre Worte getreulich wieder, ~fügte nichts hinzu und ließ nichts weg. ---- CategoryReliSchriften